Für unsere Rubrik „Beyond TT“ suchen wir für dich nach den spannendsten und coolsten Tischtennisprojekten auf der ganzen Welt. Um dir dieses Projekt zeigen zu können, mussten wir aber gar nicht so weit gehen. In Berlin haben wir ein Start-up aus Entwicklern und Designern entdeckt, die einen sensationellen Tisch entwickelt haben – den TTT3000.

Bereit für eine Portion Gamification?

Bitte sehr!

Wir haben mit Thomas Mayer gesprochen.
Er hatte die Idee und ist der Designer im Team.

„Der virale Hype auf das Video war enorm. Ich hatte wohl einen Nerv getroffen und wollte die Idee unbedingt über meine Bachelorarbeit hinaus weiterentwickeln.“

THOMAS MAYER

Thomas, wie kam es zu der Idee?

Die Idee für einen interaktiven Tischtennistisch hat sich während meines Praktikums bei Artificial Rome (Interactive-Agentur aus Berlin) ergeben. Dort stand ein Tisch im Büro und wir spielten regelmäßig.

Während des Spiels hatten wir mehr als genug damit zu tun, uns auf das Spiel zu konzentrieren und kamen beim Zählen der Punkte oft durcheinander. Eine digitale „Zählmaschine“, das wär’s doch! Die Idee war geboren – und wie das bei Kreativen so ist, hört die Phase des Brainstormings nie auf. Wir haben immer weiter und weiter gesponnen. Es ergaben sich immer neue Ideen, allein die Zeit zur Weiterentwicklung fehlte leider.

In meiner Bachelorarbeit habe ich mich dann der Aufgabe gestellt. Ich habe das Projekt – wie es in dem Video zu sehen ist – ausgearbeitet. Der virale Hype auf das Video war enorm. Ich hatte wohl einen Nerv getroffen und wollte die Idee unbedingt über meine Bachelorarbeit hinaus weiterentwickeln. Ich funkte also meine ehemaligen Kollegen an und wir arbeiteten im Team weiter an den Plänen für den Tisch. Seit Anfang 2016 tüfteln wir nun gemeinsam an diesem Projekt.

Was kann der Tisch?

Wir haben inzwischen ein ordentliches 3-D-Tracking, das bis zu 150 km/h schnelle Bälle erfassen kann. Der Tisch kann unterschiedliche Trainingsmodi anbieten und verfügt über eine funktionsfähige Benutzeroberfläche. Die Datenerfassung ist zunächst in Ansätzen ausgearbeitet.

Was ist euer langfristiges Ziel mit dem Tisch?

Unser Ziel für das kommende Jahr ist es, den Prototyp weiterzuentwickeln und mit ausgewählten Partnern eine Feldstudie durchzuführen. Die Studie soll zu einem Produkt führen, das wir dann vertreiben können.
Für die Platte wollen wir mit Trainern zusammenarbeiten und deren Arbeitsalltag verbessern. Ziel soll sein, dass sich die Trainer voll und ganz auf ihr Team konzentrieren und während des Trainings ein optimiertes Feedback geben können.
Wir haben zahlreiche weitere Ideen für die Platte, aber auch Ideen für andere Produkte, denen wir uns widmen möchten. Es bleibt also spannend.

Wer ist eure Zielgruppe, eher Hobbyspieler oder auch Profis, so wie die LMC Talents?

Meine Bachelorarbeit basiert auf den Anforderungen von Profispielern. Die Platte sollte alle gängigen Trainingsmethoden anbieten, sodass Trainer und Spieler eine optimale Arbeitsumgebung vorfinden. Wir sind überzeugt, dass die Platte hervorragend in Trainingshallen passt. Aber das könnt ihr vielleicht besser beurteilen … Genauso gut kann die Platte aber auch im Unterhaltungsbereich eingesetzt werden.

Für einen Nicht-Techie: Wie funktioniert der Tisch?

Okay, in einfachen Worten: Über der Platte sind zwei Kameras installiert, die den Ball tracken, also erfassen. Ein Programm berechnet anhand der Daten die Ballposition, die mittels eines Projektors auf dem Tisch visualisiert wird. So simpel, wie es sich anhört, ist es jedoch leider nicht ganz: Die Kameras und der Projektor müssen exakt aufeinander abgestimmt sein. Ähnlich wie man es vom Cursor der Maus am Rechner kennt, kann der Ball mit den projizierten Oberflächen auf der Platte interagieren. Wird beispielsweise eine digitale Zielscheibe auf der Platte getroffen, kann präzise ermittelt werden, wie oft die Scheibe getroffen und wie oft sie verfehlt wurde. Das Schöne an dem digitalen Ansatz ist, dass Elemente wie beispielsweise Zielscheiben sich bewegen können und die Spieler somit konstant gefordert werden. Eine Zielscheibe kann zum Beispiel immer kleiner werden, bis sie nur noch von den Besten getroffen wird.

„Unsere Visualisierung unterstützt die Spieler, ihr Trainingsziel schneller zu erreichen. Den Schwierigkeitsgrad betreffend gibt es keine Grenzen.“

THOMAS MAYER

Welche Analysemöglichkeiten bietet der Tisch? Unterscheiden sich diese von denen in anderer, bereits vorhandener Software für die Spieleranalyse?

Wir können die Geschwindigkeit und Position des Balls in Echtzeit erfassen. Basierend auf den interaktiven Spieloberflächen können wir weitere Werte erfassen wie: Präzision, Trefferquote, Reaktionsgeschwindigkeit oder Ballwechsel pro Sekunde. Im Bereich der Analyse gibt es noch zahlreiche Möglichkeiten, die wir noch nicht voll ausgeschöpft haben. Für das kommende Jahr haben wir uns vorgenommen, uns an den Spin und die daraus resultierenden Umdrehungen des Balls pro Sekunde wagen. Unsere Physiker im Team haben einen sehr guten Ansatz.
Alle Werte werden dann in das Benutzerprofil übertragen, sodass Trainer wie Sportler ihre Lernerfolge über längere Zeiträume erfassen und somit nachvollziehen können, ob sie ihr Trainingsziel erreicht haben oder nicht.
Wir können Spiele nach folgenden Gesichtspunkten auswerten: Wer hat am meisten geschmettert, wer hat gut verteidigt, wer hat schneller gespielt oder wer hat einen langen Ballwechsel dominiert und gepunktet.

Wie kann ich als Spieler mein Spiel mithilfe des Tischs konkret verbessern? 

Durch die Erfassung und Projektion ergeben sich ganz neue Trainingsmethoden. Zur Verbesserung der Angabe können wir zum Beispiel zwei Zielscheiben und eine Verbindungslinie vorgeben: Eine explizite Aufgabe für den Spieler, die er selbstständig lösen muss – das Programm gibt Feedback, wie gut die Aufgabe gemeistert wurde.
Mit dem Tisch können auch komplexere Ballwechsel trainiert werden: Soll zum Beispiel die Schlagkombination kurz links, lang rechts, lang links trainiert werden, können wir das einfach durch die Zielscheiben vorgeben, durch die Größe der Flächen die Toleranz bestimmen und parallel auswerten.
Unsere Visualisierung unterstützt die Spieler, ihr Trainingsziel schneller zu erreichen. Den Schwierigkeitsgrad betreffend gibt es keine Grenzen. Wir können alles schneller, kleiner und komplizierter machen.

Wer interessiert sich aktuell für euren Tisch und warum?

Bei der vergangenen Tischtennis-WM gab andro uns die Möglichkeit unser Projekt auf ihrem Stand zu präsentieren, das war für uns ein riesen Erfolg. Ansonsten scheint mit die Tischtennisszene generell etwas zurückhaltender. Tischtennis hat ein etwas nerdiges Image, wurde aber gerade in den letzten Jahren beispielsweise in Berliner Szenebars immer beliebter. Mit unserem Produkt können wir sicher dazu beitragen, der Sportart ein cooleres Image zu verleihen. Tischtennis-unabhängig erhalten wir Anfragen aus allen möglichen Branchen, schwerpunktmäßig aus dem Bereich Marketing, Event und Entertainment.

Ja, Tischtennis als Vereinssportart hat im Kinder- und Jugendbereich mit rückläufigen Mitgliederzahlen zu kämpfen. Euer Tisch birgt ein großes Potenzial, das Tischtennisspiel auf zeitgemäße, interaktive Art und Weise zu erleben und dadurch das Interesse bei Kids und Jugendlichen zu wecken – Stichwort Gamification. War das auch Teil eurer Überlegung?

Definitiv wollen wir junge Leute mit dem Projekt ansprechen. Wir sehen immer wieder, wie blutige Anfänger an unseren Tisch treten und aus reiner Neugier spielen wollen. Wir haben hierfür extra Anfängermodi entwickelt, die Spieler anleiten, den Ball auf der Platte zu halten. Ich bin immer wieder verblüfft, wie viel besser ein Spieler mit so simplen Mitteln in kurzer Zeit spielen kann.

Wie viele Tische gibt es bereits? Wenn ein Verein sich so einen Tisch anschaffen wollen würde, seid ihr in der Produktion bereits soweit?

Wir haben intern inzwischen die vierte Version gebaut. Aktuell sind wir auf der Suche und in Verhandlungen mit potenziellen Investoren. Für kommendes Jahr wollen wir eine Feldstudie anlegen und im Rahmen dieser mit Vereinen zusammenarbeiten. Für die Teilnahme kann sich jeder Verein bewerben.
Den Tisch gemeinsam mit Vereinen für Vereine weiterzuentwickeln und auf deren Bedürfnisse abzustimmen, wäre für beide Seiten sicher eine tolle Sache.

LMC meets TTT3000 – was hältst du davon, wenn wir euren Tisch dem Profitest unterziehen und die LMC Talents mit ihren Trainern spielen lassen: Das sind immerhin die besten Trainer und Talente Europas. Interesse?

(lacht) Die Herausforderung nehmen wir gern an.

Anmerkung der Redaktion: Wir geben uns Mühe, ein „LMC meets TTT3000“ bis zur nächsten oder übernächsten Ausgabe hinzubekommen. Sei gespannt. Wir halten dich auf dem Laufenden.

© Fotos: T-T-T